Tag der Gesundheitsforschung


Besuch in der MHH

Am Tag der Gesundheitsforschung, dem 19.02.2006, demonstrierte die Medizinische Hochschule Hannover eine Ausstellung unter dem Motto „Welt im Gehirn“. Die Informationsstände reichten von der Reparatur von Nervenverletzungen über Parkinson-Behandlung bis zu ADHS. Natürlich gehörten auch ein Stand über Synästhesieforschung und ein stündlich wiederholtes Forum mit Vortrag und Fragerunde dazu.

Auf einem Flyer wurden die Begriffe Synästhesie, Bindung und Hyperbinding kurz und verständlich erklärt. Auch eine Statistik über die häufigsten Buchstaben-Farben durfte nicht fehlen. Leider blieb unklar, wie diese Zahlen zustande kamen. Das Diagramm über typische Farbkombinationen darf aus urheberrechtlichen Gründen nicht hier veröffentlicht werden (wiedermal ein Beispiel für Information von allgemeinem Interesse, die euch vorenthalten wird, weil jemand anderes sie zuerst aufgeschrieben hat).

Zu jeder vollen Stunde erzählten Dr. Passie und Prof. Dr. Dr. Emrich unterstützt von Videos und Zeichnungen über die Illusionsforschung. Wie vielleicht nicht jedem von sich aus klar ist, erlebt jeder täglich Illusionen: Sobald wir etwas sehen, das unserer Erfahrung oder Erwartungshaltung widerspricht, greift ein unbewusster Filter in unsere Wahrnehmung ein und biegt das Bild passend zurecht. Demonstriert und anschaulich bewiesen wurde das mit einer Hohlmaske, also einer Maske, deren Gesicht nach innen statt nach außen gewölbt ist. Um den Schattenwurf umzukehren, beleuchtet eine im Kinn der Maske versteckte Lampe die Konturen von unten. Aus ein paar Metern Abstand sah jeder die Hohlmaske als normales Gesicht, das verkehrte Profil wurde automatisch umgedreht. Die Referenten berichteten von einer länger zurück liegenden Studie, in der sie Probanden Cannabis verabreicht und dann festgestellt hatten, dass selbst schwache Halluzinogene den inneren Filter abschalten können: Die „bekifften“ Probanden sahen die Hohlmasken so, wie sie tatsächlich geformt waren. Nüchtern sahen sie wieder das falsche Profil, die optische Täuschung. Laut Emrich sollen auch andere Drogen wie z.B. LSD oder psychische Krankheiten wie z.B. Schizophrenie die unbewussten „Vorurteile“ abschwächen, so dass optische Täuschungen nicht wirken. Die drogenfrei-gesunden Menschen ließen sich am leichtesten optisch täuschen. Eine Ausnahme bilden natürlich trainierte Menschen, deren Erwartungshaltung bereits „umgepolt“ wurde. Wie lange es dauert, die Plausiblitätsprüfung der Wahrnehmung neu zu programmieren, soll demnächst in einem Langzeit-Versuch mit Studenten in einer ausschließlich von unten beleuchteten Wohnung ermittelt werden.

Oben siehst Du Herrn Emrich, rechts daneben eine der Hohlmasken, die auch für mich von weitem wie eine ganz normale Maske aussah.
Falls Du das konkave Profil auf den ersten Blick erkennst, bist Du momentan eventuell nicht ganz zurechnungsfähig. 😉

Herr Passie erklärte am Flipchart, wie das, was wir sehen, zusammengesetzt wird. Das tatsächlich gesehene Bild wird mit unserem Konzept der Welt abgeglichen und auf Plausibilität geprüft. Wenn das echte Bild der Erfahrung widerspricht (z.B. das Profil eines Gesichts räumlich umgekehrt ist), versucht unser Wahrnehmungsapparat, durch geringfügige Änderungen die Übereinstimmung herzustellen (z.B. Umkehrung des Profils). So gleichen wir Wahrnehmungsfehler aus, werden aber auch anfällig für Täuschungen, wenn wir tatsächlich etwas Ungewohntes sehen.

Das anschließende Referat über Synästhesie, bei dem auch ein Interview mit Christine Söffing und einige ihrer Bilder als Video gezeigt wurden, bot Ahnungslosen einen guten Einblick ins Thema. Karoline und ich durften als „Demo-Synnies“ herhalten, als einige Zuhörer mehr darüber wissen wollten.

Außerdem habe ich zwei Bekannte aus Forum und Synästhesie-Cafe gesehen. Karoline und ich haben uns beim Vortrag getroffen. „secret rose“ (außerhalb des Forums als Dr. Markus Zedler bekannt) hielt die Stellung am Infostand und erklärte den Besuchern, was es mit Synästhesie auf sich hat. Dort trafen wir dann auch „Felina“, die an einer Doktorarbeit über Synästhesie arbeitet.

Oben seht ihr rechts Herrn Zedler. Links daneben hält euer Webmaster in mittelmäßiger Verfassung halbwegs die Augen geöffnet – während der Sonntagsarbeit für zwei Stunden in der MHH vorbei geschaut und dann wieder im Büro verschwunden.